5 | ABER WAS IST EIGENTLICH DIE ZWÖLFTE NACHT?
Tatsache: An die drei Weisen aus dem Morgenland dachte Shakespeare wohl zuletzt. Der letzte Tag der Weihnachtsferien galt zu seiner Zeit als letzte Nacht der sogenannten Rauhnächte, die nach der Überlieferung sowohl eine gefährliche als auch eine heilige Zeit darstellten. Der Ursprung davon liegt in alten Mondkalendern, in denen die zwölf Nächte, um das Mondjahr vollzumachen (und um auf die notwendigen 365 Tage zu kommen), als „tote Zeit“ oder als Tage „außerhalb der Zeit“ hinzugenommen wurden. In diesen Tagen hatten jenseitige Mächte leichteres Spiel in die Welt der Lebenden einzubrechen. Vor allem aber war Dreikönige für die Engländer der Shakespeare-Zeit der Höhepunkt des Faschings. Shakespeare mixt die Faschingsbräuche seiner Zeit mit denen der alten Römer und ihren Saturnalien. Bei diesen verkleideten Frauen sich als Männer, Herren als Knechte, und umgekehrt: Knechte als Herren. Ein Brauch, der heute noch verbreitet ist, ist die Ernennung des Bohnenkönigs. Das ist die Person, die die in ein Fastnachtsgebäck eingebackene Bohne findet und darauf zum König des Tages ernannt wird, bei den Elisabethanern: „Lord of Misrule“ (Herr der Misswirtschaft). Der hatte gern den Abbot of Unreason an der Seite (den Abt des Unsinns), und beide präsidierten dem Feast of Fools.
Nicht zu vergessen ist aber noch ein anderer verbotener Ritus in Was ihr wollt: Teufelsaustreibung, der Exorzismus, den im 4. Akt der falsche Pater Topas vornimmt. Ein solcher war im 17. Jahrhundert von der anglikanischen Kirche Englands nämlich abgeschafft. Einige Shakespeareforscher glauben, dass der Barde zu den englischen Kryptokatholiken zählte, also Katholiken, welche ihre Konfession nur im Verborgenen praktizieren konnten.
6 | IST DAS STÜCK ALSO EIN WEIHNACHTSSTÜCK?
Im Stück ist nicht von Weihnachten die Rede, auch von Winter nicht, und die Gartenszenen deuten nicht auf winterliches Wetter hin. Gut, der Ort der Handlung heißt Illyrien, also die Küste von Kroatien, Montenegro und Albanien, da hätte der Winter ein paar milde Nächte haben können. Aber so ist es nicht gemeint: In der Handlung des Stücks ist ja auch von Fastnacht nirgendwo die Rede, und nicht ihrerwegen schlagen die Komiker des Stücks über die Stränge, sondern umgekehrt, im Herzen dieser lustigen Figuren, sie heißen Toby Rülp und Andrew Bleichenwang, ist immer Karneval, und darum können sie nicht anders als Party machen wollen. Shakespeare schrieb das Stück vielmehr als Programm für die Weihnachtsfeiertage und die Faschingszeit seines Publikums. Und darum bringt das Landestheater es auch am 28. Jänner 2023 heraus.